Endlich ist es geschafft, man hat sich für ein Kunstwerk entscheiden und heißt das neue Werk daheim willkommen. Was nun häufig folgt ist eine Frage, die viele Kunstliebhaber kennen: Wie hänge ich das Bild am besten auf? In diesem Beitrag befassen wir uns mit der Hängung von Kunstwerken und gehen der Frage nach, worauf es dabei zu achten gilt. Dazu haben wir mit verschiedenen Expert:innen aus Museen, Galerien aber auch aus dem Bereich Arthandling gesprochen. Sie haben uns Rede und Antwort gestanden und ihre besten Tipps verraten.
1. Sich mit dem Kunstwerk befassen
Noch bevor man sich über die konkrete Hängung oder Beleuchtung den Kopf zerbricht, sollte man sich mit dem Kunstwerk auseinandersetzen. Im besten Falle sollen Kunstwerk und Raum eine Art Symbiose bilden. Entsprechend gilt es, sich auch mit den Besonderheiten des Kunstwerkes zu befassen. Neben Form, Format und Farbe stellt mitunter auch das verwendete Material eigene Anforderungen an den Ort der Hängung.
Arbeiten auf Papier wie z.B. Zeichnungen oder Aquarelle reagieren sensibel auf Temperaturschwankungen aber auch auf zu feuchte und zu trockene Luft. Daher sollte bei der Platzierung darauf geachtet werden, dass es möglichst keine Wärmequellen wie beispielsweise Heizkörper, Heizungsrohre in der dahinterliegenden Wand oder einen Kamin in der direkten Nähe gibt. Auch direkte Sonneneinstrahlung kann dazu führen, dass Kunstwerke wie Fotos oder Papierarbeiten geschädigt werden.
Gemälde weisen mitunter eine sensible Oberfläche auf oder trocknen nur langsam aus. Zum Schutz empfiehlt Florian Appelt von der Wiener Galerie KunstAbHinterhof hier, ggf. eine Distanzschiene anzubringen oder einen tieferen Rahmen zu verwenden, um so den Raum vor dem Gemälde zu vergrößern und eine Art Sicherheitsabstand zu schaffen.
2. Die Eigenheiten des Raumes berücksichtigen
Den perfekten Ort für ein Kunstwerk zu finden, ist nicht immer einfach und braucht mitunter mehrere Anläufe, da ein Bild in verschiedenen Umfeldern unterschiedlich wirken kann. Ziel der meisten Hängungen ist es, dass Kunstwerk und Umfeld eine Symbiose eingehen, Ruhe oder eine Spannung erzeugen und sich gegenseitig ergänzen. Entsprechend gilt es, sich vorab auch mit den Eigenheiten des Raumes, mit seinen Formen, Farben aber auch Besonderheiten, auseinanderzusetzten.
Die eigene Wohnung ist in der Regel kein White Cube. Umso mehr gilt es daher auf Details zu achten. Welche Sichtachsen und Blickwinkel bestehen? Wo befinden sich welche Möbel, wo gibt es die nächste Steckdose oder wie scheint Sonnenlicht im Laufe des Tages in den Raum? Welcher Teil des Raumes soll eventuell betont und hervorgehoben werden. Auch die Deckenhöhe, Proportionen, Fenster und Türen können bei der Wahl des Ortes für die Hängung eine Rolle spielen.
3. Die richtige Höhe finden
Wie hoch sollte ein Kunstwerk hängen? In Galerien und Museen werden Gemälde oder Grafiken häufig 1,45 Meter über dem Boden platziert, gemessen von der Mitte des Bildes. Warum genau 1,45 Meter? Diese Höhe entspricht der durchschnittlichen Höhe des menschlichen Auges und wird daher meist zur Orientierung genutzt. Wer das Bild noch etwas besser zur Geltung bringen möchte, der kann es auch leicht oberhalb der Augenhöhe platzieren.
Es gibt natürlich auch immer Ausnahmen von dieser 1,45 Meter-Regel, beispielsweise wenn Bilder über Möbel platziert werden sollen oder sich ein Kronleuchter im Raum befindet. Auch die Art der gewünschten Hängung sowie Größe und Format des Bildes beeinflussen die ideale Höhe der Hängung.
Bevor man nun den Nagel in die Wand schlägt, tut man gut daran, das Werk zur Probe anzuhalten. Man kann auch einen Karton nehmen, ihn auf die entsprechende Größe zuschneiden und ihn vorübergehend an der Wand befestigen. Anschließend geht man einige Schritte zurück, lässt das Bild auf sich wirken und kann ggf. noch einmal die Höhe adaptieren.
4. Vorab die passende Hängung planen
Es gibt verschiedenen Möglichkeiten, Kunstwerke zu hängen. Grundsätzlich lässt sich dabei zwischen Einzelhängung und Gruppenhängung unterscheiden, wobei sich die Gruppenhängung noch einmal in weitere Varianten untergliedern lässt. Vorab ein Tipp von Florian Appelt und Richard Petz von KunstAbHinterhof: Die richtige Hängung muss immer subjektiv gewählt werden. Es gibt hier kein richtig oder falsch! Man kann sich aber die Frage stellen: Sollen meine Kunstwerke nach ihrer Ästhetik oder nach ihrem Inhalt geordnet sein?
Einzelhängung
Wie der Name schon vermuten lässt, ist hier das Werk isoliert gehängt. Weniger ist hier mehr. Mit dieser Art der Hängung erfährt dieses Kunstwerk den maximalen Fokus.
Petersburger Hängung / Salonhängung
Bei der Petersburger Hängung handelt es sich um eine Gruppenhängung, die sich vor allem bei einer großen Anzahl von Kunstwerken eignet. Ihren Namen verdankt diese Variante der opulenten Bilderhängung der Sankt Petersburger Eremitage. Auf den ersten Blick scheint es eine willkürliche und chaotische Anordnung von Bildern zu sein. Dahinter findet sich meist jedoch ein roter Faden. Die Herausforderung besteht darin, die unterschiedlichen Werke, Themen, Formate und Farben gekonnt zu kombinieren. So entstehen spannende Kontraste, harmonische Gebilde, wird die Fantasie angeregt oder Dialoge zwischen den einzelnen Arbeiten erzeugt. Durch die Petersburger Hängung wird eine Wand selbst zum Gesamtkunstwerk. Wichtig ist hier, auf die Abstände zwischen den Werken zu achten und diese nicht zu dicht zu platzieren.
Reihen- und Rasterhängung
Diese Art der Hängung eignet sich besonders gut für inhaltlich anspruchsvolle Kunstwerke, die strukturiert werden sollen. Sie eignet sich aber auch für mehrteilige Bilder und Serien. Hier werden Bilder mit gleichem Format streng aneinander gereiht und bilden so eine Reihe oder ein Raster. Ordnung und Struktur stehen hier im Vordergrund. Die Dichte der Hängung spielt für die Gesamtwirkung eine bedeutende Rolle. So kann eine gewisse Lockerheit die aufgehängten Bilder besser zur Geltung bringen.
Kantenhängung
Wie der Name schon verrät orientiert sich diese Hängung an einer Rahmen- oder Bildkante beziehungsweise einer imaginären Linie. Entlang dieser Linie werden die Ober- beziehungsweise Unterkanten mehrerer Kunstwerke ausgerichtet. Im Vergleich zur Reihen- oder Rasterhängung spielen hier Formate und Größen eine untergeordnete Rolle und wirken so etwas freier und verspielter.
Inside the Lines Hängung
Hier ist Kreativität gefragt! Bei dieser Art der Hängung sind keine Grenzen gesetzt, denn hier werden mehrere Kunstwerke zu einer größeren Form, wie beispielsweise einem Band, einem Oval oder einem Dreieck zusammengesetzt. Format oder Größe der einzelnen Werke spielen hier keine Rolle, Ziel ist es, die Bilder als Gesamtkunstwerk in eine bestimmte geometrische Form zu bringen.
5. Die passende Befestigung wählen
Der richtige Platz ist gefunden und eine Hängung wurde gewählt? Bevor man nun wahllos Löcher in die Wand bohrt und diese in einen Schweizer Käse verwandelt, sollte man sich noch über die Wand informieren. Befinden sich eventuell Strom- oder Wasserleitungen hinter der Wand? Aus welchem Material besteht sie? Besonders in Altbauten können Wände oft porös werden, sodass einfache Nägel nur wenig Halt finden.
Unter Berücksichtigung von Format und Gewicht des Bildes sowie den Besonderheiten der Wand, kann man die Auswahl der Anbringungsmöglichkeiten weiter einschränken. Für kleine und leichte Bilder genügt bei den meisten Wänden ein einfacher Nagel. Für schwerere Bilder aber auch bei tragenden oder besonders porösen Wänden, empfiehlt es sich zu bohren und Dübel (i.d.R. Größe 6 oder 8) zu setzen. Anschließend können dann Schrauben oder auch Hängehaken befestigt werden. Je schwerer ein Bild ist, umso größere Dübel bzw. Hängehaken und Schrauben sollte man verwenden.
Tipp: Immer mit einem kleinen Bohrer (z.B. Größe 3) vorbohren und danach mit einem größeren Bohrer (z.B. Größe 6 oder 8) nachbohren. Um das Abbröckeln bei besonders porösen Wänden zu vermeiden, sollte man vor dem Bohren ein Stück Klebeband auf die markierte Stelle befestigen und sie so zu fixieren. Kunsthändler Alexander Giese rät zudem: Lieber zuerst das Loch tiefer ansetzen, denn falls die Höhe nicht gefällt und erneut vermessen werden muss, verdeckt das Kunstwerk die Löcher in der Wand.
Hier einige Tipps von StreetArt, den Experten für Arthandling:
- Auf die Gegebenheiten der Wand achten: Stärke, Stabilität, Zustand, Alter,…
- Mit einem Leitungsfinder die Wand untersuchen und sicher gehen, dass sich keine Strom- oder Wasserleitungen dahinter befinden.
- Die Stelle, an der das Bild aufgehängt werden soll, mit einem dünnen Bleistift markieren.
- Soll ein schweres Bild an mehreren Punkten befestigt werden, dann von der markierten Stelle jeweils die Hälfte der Breite des Bildes rechts und links abmessen und die Punkte markieren. Anschließend die Punkte verbinden und mit der Wasserwaage kontrollieren, ob die Linie waagerecht ist. Nun noch die Löcher bohren und dübeln.
- Schrauben oder Hängehaken in die Dübel drehen und das Bild aufhängen.
- Zu guter Letzt noch einmal mit der Wasserwaage kontrollieren, ggf. nachjustieren und FERTIG!
Überblick
- Robuste Wände (Ziegel-, Stein- oder Betonwände): Zumeist wird hier zu Dübeln, Hängehaken und Schrauben gegriffen, mit denen man auch problemlos schwere Kunstwerke (> 10 kg) anbringen kann. Es ist aber auch möglich, die Kunstwerke mit Nägeln zu befestigen, sofern die Wandbeschaffenheit dies zulässt.
- Holz- oder Rigipswände eignen sich eher für leichte Kunstwerke von unter 10 kg Gewicht. Diese können sowohl mit Schrauben als auch mit Nägeln (ca. 5 cm) befestigt werden.
Fazit
Es gibt also zahlreiche Möglichkeiten, Kunstwerke zu Hause perfekt in Szene zu setzen und wirkungsvoll zu hängen. Der Fantasie und Ihrer Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Jedoch gilt es bei der Hängung auch einige Details zu beachten wie beispielsweise die richtige Höhe, die Blickachsen im Raum, Symmetrien oder das einfallende Sonnenlicht. Wir hoffen, dass Ihnen unsere Tipps weitergeholfen haben und Sie lange Freude mit ihrem Werk haben werden.
Wir bedanken uns für die Unterstützung zu diesem Beitrag bei:
Alexander Giese von Kunsthandel Giese und Schweiger
Florian Appelt und Richard Petz von KunstAbHinterhof
Benjamin Kasinger und Martin Flassak von StreetArt